Cannabis legalisierung in Deutschland | Ein Überblick
Am 1. April 2024 hat Deutschland einen bedeutenden Schritt in Richtung Drogenliberalisierung unternommen. Cannabis ist seit diesem Datum entkriminalisiert, und Bürgerinnen und Bürger dürfen bis zu drei weibliche Cannabis-Pflanzen für den Eigenbedarf anbauen. In diesem Blogartikel wollen wir den historischen Kontext dieser rechtlichen Anpassung, die genauen Regelungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Einzelnen beleuchten.
Rechtlicher Hintergrund und bisherige Gesetze
Cannabis war in Deutschland seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Zuvor war der Besitz und der Konsum von Cannabis stark reglementiert und konnte zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. Selbst geringe Mengen wurden oftmals strafrechtlich verfolgt, auch wenn es in einigen Bundesländern Toleranzgrenzen gab. Zum Beispiel sah die Gesetzeslage in Berlin vor, dass der Besitz von bis zu 15 Gramm Cannabis lediglich mit einer Verwarnung oder Geldstrafe geahndet wurde.
Mit der Entkriminalisierung ab dem 1. April 2024 hat sich vieles geändert. Um die neuen Regelungen besser zu verstehen, ist es sinnvoll, die genauen gesetzlichen Bestimmungen im Detail zu analysieren.
Das hat sich geändert
Besitz von Cannabis | Wie viel Cannabis darf man haben?
Ab sofort ist der Besitz von bis zu 25 Gramm getrocknetem Cannabis straffrei. Dies gilt für den öffentlichen Raum. Für den privaten Raum gilt die Grenze von 50 Gramm getrocknetem Cannabis. Es gibt ein allgemeines Werbe- und Sponsoring Verbot für Konsumcannabis und für Anbauvereinigungen.
Cannabis Anbau
Bürgerinnen und Bürger die in Deutschland seit mindestens sechs Monaten einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, dürfen monatlich bis zu sieben Cannabis-Samen oder fünf Cannabis-Stecklinge für den Privaten gebrauch anbauen. Dem Gesundheitsministerium zufolge dürfen allerdings „nur bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig“ angebaut werden Dies öffnet vielen Menschen neue Möglichkeiten, ihre eigenen Pflanzen zu kultivieren und so die Kontrolle über die Qualität und Reinheit ihres Cannabis zu behalten. Männliche Pflanzen, die Samen produzieren können, dürfen jedoch nicht angebaut werden, da diese zur Vermehrung und nicht zum Konsum geeignet sind.
Wie alt muss man für Cannabis sein?
Der Erwerb und Konsum von Cannabis sind auf Personen ab 18 Jahren beschränkt. Händler und andere Vertriebskanäle sind verpflichtet, das Alter der Käufer zu überprüfen.
Cannabis an Minderjährige weiterzugeben, bleibt eine Straftat. Cannabis darf nicht in Gegenwart von Jugendlichen konsumiert werden. Darüber hinaus wird ein Konsumverbot in Sichtweite zum Beispiel von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Sportstätten geben.
- Minderjährige dürfen Anbauvereinigungen nicht beitreten. An 18- bis 21-jährige Mitglieder darf in Anbauvereinigungen nur Cannabis mit einem begrenzten THC-Gehalt weitergegeben werden.
- Es darf keine Werbung für Konsumcannabis oder für Anbauvereinigungen geben.
- Es wird mehr Aufklärung und Prävention geben, unter anderem durch verstärkte Frühinterventionsprogramme für Minderjährige.
- Eine speziell auf junge Menschen ausgerichtete Präventions- und Informationskampagne soll Kindern und Jugendlichen die Gefahren des Cannabiskonsums erklären.
Cannabis kaufen? So funktioniert‘s:
Der kommerzielle Verkauf von Cannabis bleibt nach wie vor streng reglementiert. Lizenzierten Fachgeschäften ist es erlaubt, Cannabis zu vertreiben, jedoch unter strengen Hygiene- und Dokumentationsvorschriften. Der illegale Verkauf bleibt weiterhin strafbar.
Cannabis Konsum in der Öffentlichkeit
Der Konsum von Cannabis in der Öffentlichkeit ist stark eingeschränkt. Spezielle „Cannabis-Clubs“ und lizenzierte Lokale dürfen Cannabis-Produkte anbieten, ähnlich wie bei Alkoholkonsum in Bars und Restaurants. In und rund um Schulen, Kindergärten, Spielplätze und anderen Kinder und Jugendeinrichtungen und öffentliche Sportstätten ist der Cannabis-Konsum in Sichtweite (Radius von mindestens 100m vom Eingangsbereich) Verboten. In Fußgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden. Zudem ist der Konsum in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen verboten.
Cannabis und Autofahren – Das sollte man beachten
Jeder Teilnehmende am Straßenverkehr muss fahrtüchtig sein und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmenden darf nicht gefährdet werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat im Dezember 2023 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zur Ermittlung eines THC-Grenzwertes im Blut im Straßenverkehr (§ 24a StVG) eingerichtet. Diese legte am 28. März 2024 Empfehlungen vor. Basierend darauf brachten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ein Gesetz zur Änderung des StVG ein, das der Bundestag am 6. Juni 2024 verabschiedete. Das Gesetz, in Kraft getreten am 22. August 2024, sieht einen THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum, ein Cannabisverbot für Fahranfänger und ein Verbot des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol vor. Strafrechtliche Bestimmungen des § 315c und 316 StGB sind zu beachten.
Die fahreignungsrechtlichen Regelungen zu Cannabis wurden denen zur Alkoholproblematik angepasst. Eine Fahrerlaubnis ist bei Cannabisabhängigkeit oder -missbrauch zu versagen oder zu entziehen. Missbrauch liegt vor, wenn der Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt werden kann. Nach Beendigung der Abhängigkeit (ein Jahr Abstinenz) oder des Missbrauchs ist die Eignung zum Führen gegeben.
Ein ärztliches Gutachten wird nur bei begründetem Verdacht auf Cannabisabhängigkeit gefordert. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) ist notwendig bei Verdacht auf Cannabismissbrauch, wiederholten Verstößen unter Cannabiseinfluss, Entzug der Fahrerlaubnis wegen Missbrauchs oder zur Klärung des Abklingens von Abhängigkeit oder Missbrauch. Eine gelegentliche Einnahme von Cannabis und daraus resultierende Zweifel an der Eignung reichen nicht mehr für eine MPU-Anordnung aus.
Bei Medizinal Cannabis aufgrund ärztlicher Verschreibung gelten dieselben Regeln. Gutachten können nur bei Anzeichen für missbräuchliche Einnahme oder Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit gefordert werden.
Auswirkungen von Cannabis auf die Gesellschaft
Die Entkriminalisierung von Cannabis könnte weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft haben. In den folgenden Abschnitten werden wir einige der potenziellen Veränderungen und deren Bedeutung untersuchen.
Medizinische Vorteile
Bereits vor der Entkriminalisierung wurde medizinischer Cannabis bei verschiedenen Beschwerden eingesetzt, darunter chronische Schmerzen, Multiple Sklerose und Übelkeit durch Chemotherapie. Die erweiterten Möglichkeiten des Eigenanbaus könnten Patienten helfen, die Kosten zu senken und einen einfacheren Zugang zu ihrer Medizin zu haben.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Legalisierung könnte einen neuen Wirtschaftszweig eröffnen, von der Landwirtschaft über spezialisierte Einzelhandelsgeschäfte bis hin zur Forschung und Entwicklung von Cannabis-Produkten. Es könnten neue Arbeitsplätze entstehen und zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden.
Die Entlastung des Strafjustizsystems
Mit der Entkriminalisierung wird erwartet, dass die Ressourcen im Strafjustizsystem effizienter genutzt werden können, da nun weniger Fälle von Cannabiskonsumenten untersucht und verfolgt werden müssen. Dies könnte zu einer Entlastung von Gerichten und Strafvollzugseinrichtungen führen.
Wissenschaftliche Forschung
Die Entkriminalisierung könnte die wissenschaftliche Forschung im Bereich Cannabis erleichtern. Bisherige Hürden und rechtliche Unsicherheiten werden abgebaut, wodurch Studien zu den medizinischen, psychologischen und gesellschaftlichen Effekten erleichtert werden.
Fazit
Die Entkriminalisierung von Cannabis in Deutschland ab dem 1. April 2024 markiert einen wichtigen Meilenstein in der Drogenpolitik des Landes. Die neuen Regelungen bieten sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Von der Möglichkeit, eigene Pflanzen anzubauen, bis hin zur Entlastung des Justizsystems eröffnet sich ein breites Spektrum an Potenzialen. Dennoch bleibt es wichtig, dass Konsumenten verantwortungsvoll mit der neuen Freiheit umgehen und sich an die gesetzlich vorgeschriebenen Rahmenbedingungen halten.
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, wie sich die Entkriminalisierung auf die deutsche Gesellschaft auswirkt. Eines ist jedoch sicher: sie stellt einen Paradigmenwechsel dar, der viele Aspekte des Lebens und der Wirtschaft beeinflussen wird.